Das Thema am 20. Juli 1969 – die erste Mondlandung

Das Thema «die erste Mondlandung von Apollo 11» war damals top-prominent in den noch nicht so zahlreichen Medienkanälen.

Quelle: NZZ vom 15.7.2019 – Aus der Zürcher Gemeinde Wald sind drei Hobby-Astronomen an der Mondlandung involviert. Als vor fünfzig Jahren die erste bemannte Mondlandung gelingt, sind auch Hobby-Astronomen aus der Zürcher Gemeinde Wald involviert. Für die Nasa halten sie Ausschau nach möglichen Monderuptionen.

Am Sonntag, 20. Juli 1969, dominiert ein Thema die weltweite Aufmerksamkeit: die erste Mondlandung von Apollo 11. Der Treibstoff der Rakete reicht nur noch für wenige Minuten, doch muss Neil Armstrong die geplante Landestelle überfliegen, weil sie zu schroff ist. Gebannt blicken Millionen von Zuschauern auf die TV-Geräte, bis sie um 21:17:43 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) von Armstrongs knisternder Funkstimme erlöst werden: «Houston, Tranquility base here. The ‹Eagle› has landed.»

Nun legen sich die Astronauten schlafen – und mit ihnen wohl die meisten TV-Zuschauer. Sendepause; der «giant leap» erfolgt erst am Montagmorgen kurz vor 4 Uhr. Nicht an Schlaf denken Robert Germann, Walter Brändli und Alfred Wild. Die drei Lehrer aus der Region der Zürcher Gemeinde Wald verbringen die Mondlandungsnacht auf einer Anhöhe am Rand des Dorfes. Dort, wo es kaum störende Lichtquellen gibt, bauen die Mitglieder der Astronomischen Gesellschaft Zürcher Oberland (AGZO) Teleskope und Mondkarten auf, um im Auftrag der amerikanischen Weltraumbehörde Nasa jeweils bis zum Morgengrauen den Mond zu beobachten.
Diese Beobachtungen sollen verhindern, dass die Astronauten beim Umkreisen des Trabanten in eine brenzlige Lage geraten. Würden Germann und Co. mit ihren Fernrohren im Fluggebiet von Apollo 11 eine vulkanische Eruption, einen Gasausbruch oder ein Mondbeben bemerken, müssten sie über die Standleitung sofort telegrafisch mit Houston Kontakt aufnehmen. Die Kontrollstelle würde dann kurzfristig Fahrplan und Flugstrecke anpassen. Solche präventiven Beobachtungen lässt die Nasa bei allen bemannten Mondflügen durchführen.

Bei Tag hat Houston ein Problem . . .
Zwei besonderen Umständen haben es die Hobby-Astronomen um den Lehrer Germann zu verdanken, dass ausgerechnet sie bei der Mondlandung mitwirken dürfen. Der erste Grund ist banal: Bei ihrem Anflug umkreisen die amerikanischen Raketen den Mond mehrfach, jedoch verschwindet der Himmelskörper immer dann aus dem Blickfeld von Cape Kennedy und Houston, wenn es dort Tag ist. Weil es in Europa parallel dazu Nacht ist, lässt sich der Mond von der Schweiz aus gut beobachten.
Den konkreten Auftrag erhalten die Walder Astronomen von der Smithsonian Institution in Cambridge an der Ostküste der USA, die für die Nasa tätig ist und für Apollo das Lunar International Observer Network (Lion) mit 126 Beobachtungsposten weltweit aufbaut. Zum Netzwerk gehören damals in der Schweiz neben der AGZO noch weitere Teams.
2 Stunden und 14 Minuten dauert der Ausseneinsatz von Armstrong und Aldrin. In dieser Zeit umkreist Michael Collins im Kommandomodul den Mond und bereitet das Wiederandocken vor. Bei jeder Umrundung müssen die involvierten Astronomen die berechnete Laufbahn präventiv nach Störquellen absuchen. Diese «live events» genannten Störungen würden sie als kurzes rötliches Blinken im Reflektor wahrnehmen.
Lehrer Germann entdeckt Mondkrater
Der zweite Grund, weshalb die Zürcher mit der Nasa kooperieren können, liegt im sprichwörtlichen Schweizer Fleiss begründet. Eigenhändig bauen Germann und sein Team in monatelanger Fronarbeit ihre für damalige Verhältnisse recht leistungsfähigen Spiegelteleskope. Sobald sie funktionieren, richten sie die Fernrohre auf den Mond und andere Objekte, halten die Beobachtungen fotografisch fest und geben besondere Vorkommnisse an die Smithsonian Institution in Cambridge weiter.
Im September 1968 gelingt Robert Germann eine wichtige Entdeckung: Bei dem Mondkrater 58 XIV Lohrmann spürt er eine schwarze Fläche auf, die in keinem Atlas eingetragen ist – Germann hat einen neuen Kraterteil entdeckt. Er meldet dies der Smithsonian Institution, wo entsprechende Atlanten geführt werden. Aus diesem ersten Kontakt heraus entwickelt sich die längerfristige Zusammenarbeit im Rahmen der Apollo-Missionen der Nasa.
Über diese Hintergründe Auskunft geben können Germann und seine Lehrerkollegen leider nicht mehr; Germann und Wild sind gestorben, Walter Brändli ist hochbetagt. Noch wache Erinnerungen an jene Zeit hat das ehemalige Vereinsmitglied Ernst Blättler, Jahrgang 1937, der bei den Mondbeobachtungen von 1969 am Rande ebenfalls mitgewirkt hat. «In den sechziger Jahren konnte sich fast niemand ein gutes Teleskop leisten, sie waren viel zu teuer», sagt er. Heute noch hat Blättler, ein pensionierter Bauführer, in seinem Haus in Wald ein Fernrohr stehen und schaut damit gerne in die Sterne. Wie viele andere Hobby-Astronomen hätten auch die Walder Lehrer ihre Teleskope von Grund auf selbst konstruiert. Die Spiegel zum Beispiel hätten sie eigenhändig geschliffen und die Teile schliesslich zu Doppelreflektoren und anderen Fernrohrtypen zusammengebaut.
Beobachtet und geforscht haben die Walder im Sommer 1969 noch einige Tage über die Mondlandung hinaus. Weil es mit Apollo 11 gelungen ist, einen Seismografen auf den Mond zu stellen, der Erschütterungen nach Houston meldet, kann die Nasa nun nachprüfen, ob die vom Instrument gemessenen Ausschläge mit den Beobachtungen an den Teleskopen übereinstimmen und welche Rückschlüsse daraus zu ziehen sind.

Wald meldet «verdächtiges Blinken»
Einen spektakulären Einsatz leistet die AGZO mit dem Schulmeister Germann bei Apollo 10, der Vorgängermission zur Mondlandung. Diese startet am Sonntag, 18. Mai 1969, und bringt das Landungsmodul «Snoopy» so nah an den Mond heran wie noch bei keiner Mission zuvor. In der Nacht vom Donnerstag, 22. Mai, gehen bei den Astronomen in Wald die Warnlichter an. Um 21 Uhr 20 Greenwich-Zeit (23 Uhr 20 Schweizer Ortszeit) sehen sie östlich des Mondkraters Atlas «ein verdächtiges Blinken», wie die NZZ damals berichtete. Sofort geht eine telegrafische Meldung nach Cambridge, wo man nach einer Auswertung zu dem Schluss kommt, die Warnung aus dem Zürcher Oberland müsse an Houston weitergereicht werden – so ist es heute noch in den Nasa-Protokollen nachzulesen.

Physiker der UNI Bern sind mit dem Sonnenwindsegel nahe bei der Mondlandung im 1969 dabei.
Hier der Bericht von SRF

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